Diese Woche hat mir eine an MS erkrankte Frau berichtet, dass die angekündigte MDK-Untersuchung zur Einstufung des Pflegegrades telefonisch durchgeführt wurde. Einen Tag zuvor hat mich jemand anderes informiert, dass sein MDK-Termin abgesagt wurde. Ich hielt das zuerst für eine kreative Idee der Pflegekasse und bin dann aber gleich auf die Gesetzesgrundlage gestoßen.
Die neuen Paragrafen im SGB IX gelten seit 28. März 2020 und tragen die Überschrift „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung während der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Pandemie“ (SGB IX, §§ 147 – 152). Die Regelungen sind bis 30. September 2020 befristet und können bei Bedarf verlängert werden.
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Ab sofort sind MDK-Begutachtung nach Aktenlage und über das Telefon möglich
Laut §147 kann die Begutachtung bis einschließlich 30. September 2020 ohne eine persönliche und körperliche Untersuchung des Versicherten erfolgen. Stattdessen kann die Begutachtung anhand der zur Verfügung stehenden Unterlagen sowie anhand der Angaben und Auskünfte des Versicherten, seinen Angehörigen und sonstigen zur Auskunft fähigen Personen erfolgen. Damit ist eine Begutachtung nach Aktenlage und auch Telefonisch gesetzlich geregelt und möglich.
Leider ist damit zu erwarten, dass künftig die Begutachtungen mehr zu Ungunsten der Versicherten geschehen, weil sich die Gutachter kein persönliches Bild der Situation machen können.
In diesem Zeitraum werden außerdem keine Wiederholungsbegutachtungen mehr durchgeführt.
25-Tage Bearbeitungsfrist ausgesetzt
Bisher hatte die Pflegekasse ab der Antragsstellung eines Versicherten 25 Arbeitstage Zeit, um eine schriftliche Entscheidung der Pflegebedürftigkeit (Gutachten) festzustellen. Diese Frist gilt ab sofort nur noch in besonders dringenden Fällen. Die Pflegekassen können sich nun beliebig lange Zeit lassen.
Beratungsbesuche bis 30. September 2020 ausgesetzt
Bisher war der Bezug von Pflegegeld an regelmäßige Beratungsbesuche durch einen Pflegedienst geknüpft. Diese Regelung setzt nun bis zum 30. September aus (§148).
Kurzzeitpflege auch in Reha-Einrichtungen möglich
In dem Zeitraum bis zum 30. September ist Kurzzeitpflege auch in Einrichtungen möglich, die stationäre Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringen (§149). Reha wird dort jedoch nicht stattfinden, diese Regelung soll wohl eher die Pflegeheime von der Kurzzeitpflege entlasten.
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