Wie wird der Pflegegrad ermittelt?

In der Pflegeversicherung wurden 2017 die Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt.  Die Pflegebedürftigkeit wird seitdem anhand der Selbstständigkeit und Fähigkeiten aus sechs Lebensbereichen, sogenannten Modulen eingeschätzt. Dieser Beitrag befasst sich mit der Ermittlung des Pflegegrades. Bei der neuen Begutachtung (NBA) werden dazu sechs sogenannte Module abgefragt. Nachfolgend erläutere ich die Module einzeln.

Modul 1: Mobilität

Beim Modul „Mobilität“ werden anstelle einer ausführlichen Aufzählung aller alltäglichen Bewegungungsabläufe nur fünf Handlungen abgefragt. Diese fünf alltäglichen Bewegungsabläufen stehen stellvertretend für die Selbstständigkeit im Bereich Moblität.

Wanne-zur-Dusche - Banner 250x250
Anzeige

Das erste Modul „Mobilität“ fließt bei der Begutachtung mit bis zu 10% in die Berechnung des Pflegegrades ein.

 

 


Anzeige

 

->Hier klicken um mehr/weniger zu lesen

 

Entsprechend dem Grad der Selbstständigkeit werden für die einzelnen Handlungen Punkte von 0 bis 3 vergeben. Der Zeitaufwand für die einzelnen Handlungen bleibt unberücksichtigt, dagegen wird das Ausmaß an Selbstständigkeit bzw. an notwendiger personeller Hilfe erfragt.

Eine Besonderheit gibt es, wenn im Rahmen der Mobilität eine sogenannte besondere Bedarfskonstellation mit vollständigem Verlust der Greif-, Steh- und Gehfunktionen vorliegt. Dann ist eine Einstufung in Pflegegrad 5 vorzunehmen.

Moblilität: Punkte abhängig vom Grad der Selbstständigkeit
1. Mobilität selbst-ständig über-wiegend selbst-ständig über-wiegend unselbst-ständig unselbst-ständig
1.1.Positionswechsel im Bett 0 1 2 3
1.2 Stabile Sitzposition halten 0 1 2 3
1.3 Aufstehen aus sitzender Position 0 1 2 3
1.4 Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs 0 1 2 3
1.5 Treppensteigen 0 1 2 3

 

Was bedeuten die Zuordungen selbstständig, überwiegend selbstständig, überwiegend unselbsständig, unselbstständig?

selbstständig
Die Person kann die Aktivität selbstständig durchführen.
überwiegend selbstständig
Die Person kann den größten Teil der Aktivität selbstständig durchführen.
überwiegend unselbstständig
Die Person kann die Aktivität nur zu einem geringen Teil selbstständig durchführen.
unselbstständig
Die Person kann die Aktivität nicht selbstständig durchführen.

Bezogen auf die einzelnen Handlungen bedeutet das

1.1.Positionswechsel im Bett

Das betrifft das Einnehmen von verschiedenen Positionen im Bett, das Drehen um die Längsachse und das Aufrichten aus dem Liegen.

selbst-ständig
Die Person kann die Lage im Bett unter Nutzung von Hilfsmitteln oder Festhalten allein verändern.
über-wiegend selbst-ständig
Die Person kann nach Anreichen eines Hilfsmittels oder fder Hand die Lage verändern. Bei einem Kind entspräche das der Fähigkeit den Kopf zu heben und sich auf die Arme abzustützen.
über-wiegend unselbs-tständig
Die Person kann beim Positionswechsel nur wenig mithelfen, z.B. auf den Rücken rollen, am Bettgestell festhalten, Aufforderungen folgen. Bei einem Kind entspräche das der Fähigkeit den Kopf kurz von der Unterlage abzuheben.
unselbst-ständig
Die Person ist auch hierzu nicht in der Lage.

 

1.2. Stabile Sitzposition halten

Einzuschätzen ist, wie man sich auf einem Bett, Stuhl oder Sessel aufrecht halten kann.

selbstständig
Die Person kann die aufrechte Sitzposition selbstständig halten. Beim Sitzen muß sie eventuell gelegentlich die Sitzposition korrigieren.
überwiegend selbstständig
Die Persone kann sich nur kurz, z.B. für die Dauer einer Mahlzeit selbstständig in der Sitzposition halten. Für längeres Sitzen benötigt sie Hilfe oder eine Seitenstütze bzw. einen Sessel mit Armlehne. Die Rumpfkontrolle ist eingeschränkt möglich.
überwiegend unselbstständig
Die Person kann sich wegen eingeschränkter Rumpfkontrolle auch mit Rücken- und Seitenstützen nicht in aufrechter Position halten. Auch für die Dauer einer Mahlzeit ist personelle Hilfe zur Positionskorrektur notwenidg.
unselbstständig
Die Person kann sich auch mit Lagerungshilfsmitteln nicht aufrecht halten und kann nur liegend gelagert werden.

 

1.3 Aufstehen und Umsetzen aus sitzender Position

Das betrifft das Aufstehen und Umsetzen von einer erhöhten Sitzfläche, Bettkante, Stuhl, Sessel, Bank, Toilette usw.

selbstständig
Die Person kann sich ohne Hilfsmittel oder mit Hilfsmitteln bzw. Festhalten an Gegenständen umsetzen.
überwiegend selbstständig
Die Person kann nur mit Hilfe einer Hand oder Arm aufstehen oder sich umsetzen.
überwiegend unselbstständig
Die Person kann nur mit erheblicher Hilfe bzw. Kraftaufwand der Pflegeperson  aufstehen oder sich umsetzen. Die Pflegeperson zieht, hält, stützt oder hebt.
unselbstständig
Die Person muß gehoben oder getragen werden, ihr ist keine Mithilfe möglich.

 

1.4 Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs

Als Anhaltspunkte für hier übliche Gehstrecken werden mindestens acht Meter festgelegt.

selbstständig
Die Person kann sich innerhalb einer Wohnung oder Einrichtung zwischen den Zimmern über mindestens 8 Meter sicher bewegen. Hilfsmittel, wie z.B. Möbelstücke, Gehstock, Rollator oder Rollstuhl können dazu selbstständig genutzt werden.
überwiegend selbstständig
Die Person benötigt personelle Hilfe, um sich fortzubewegen. Hilfsmittel müssen von der Pflegeperson bereitgestellt werden. Oder Beobachtung aus Sicherheitsgründen oder gelegentliches Stützen ist notwendig.
überwiegend unselbstständig
Die Person kann sich nur mit Stützung oder Festhalten ander Pflegeperson fortbewegen. Oder sie kann nur wenige Meter mit dem Rollstuhl oder nur wenige Schritte gehen.Auch ausschließliches Krabbeln oder Robben ist als “überwiegend selbstständig” einzuschätzen.
unselbstständig
Die Person muss getragen oder im Rollstuhl geschoben werden.

 

1.5 Treppensteigen

Hier wird die Selbstständigkeit am Beispiel einer Treppe über zwei Etagen eingeschätzt.

selbstständig
Die Person kann die Treppe alleine ohne Begleitung steigen.
überwiegend selbstständig
Die Person kann die Treppe alleine steigen, benötigt aber Begleitung wegen des Sturzrisikos.
überwiegend unselbstständig
Die Person kann nur mit Stützen oder Festhalten an der Pflegeperson die Treppe steigen.
unselbstständig
Die Person muss getragen oder mit Hilfsmitteln transportiert werden, es ist ihr keine Hilfe möglich.

 

1.6 Besondere Bedarfskonstellation: vollständiger Verlust der Greif-, Steh- und Gehfunktionen

Mit der besonderen Bedarfskostellation hat der Gesetzgeber eine Möglichkeit geschaffen, wie Menschen mit besonders hohem Hilfebedarf ein Zugang zum Pflegegrad 5 möglich ist. Das trifft zu, wenn der der Gebrauch beider Arme und beider Beine nicht möglich ist, z.B. bei

  • Lähmungen
  • hochgradige Versteifungen, Kontrakturen
  • hochgradigem Tremor und Rigor oder Athetose
  • Wachkoma
  • minimaler Restbeweglichkeit oder unkontrollierbare Greifreflexe

Liegt eine besonderen Bedarfskostellation vor, ist es unerheblich, ob die 90 Punkte für den Pflegegrad 5 erreicht werden. Siehe dazu § 15 Abs. 4 SGB XI (gültig seit 2017).

 

 

 

Modul 2: kognitive und kommunikative Fähigkeiten

Mit der Einschätzung der Fähigkeiten im Bereich Kognition und Kommunikation soll vor allem der Pflegebedarf von an Demenz erkrankten Menschen erfasst werden können. Und auch Einschränkungen einzelner neurologischer Erkrankungen können damit besser erfasst werden.

Das zweite und dritte Modul werden zusammen gewertet und beide tragen mit maximal 15 % zur Begutachtung des Pflegegrades bei.

 

 

 

->Hier klicken um mehr/weniger zu lesen

 

Die einzelnen Punkte dieses Moduls zu den kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sind erklärungsbedürftig. Bei der Begutachtung wird der MDK-Gutachter meiner Einschätzung nach dringend auf die Einschätzung und Informationen der Angehörigen angewiesen sein, denn innerhalb der vorgegebene Zeit können gerade bei kognitiven Defiziten des befragten Pflegebedürftigen viele dieser Bereiche nicht richtig eingeschätzt werden. Die Punkte 2.1 bis 2.8 beziehen sich eher auf kognitive Einschränkungen, während bei den Punkten 2.9 bis 2.11 vor allem Sprach- und Hörstörungen beachtet werden müssen.

kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Punkte abhängig vom Ausmaß der Fähigkeiten
2. kognitive und kommunikative Fähigkeiten vorhanden größtenteils vorhanden in geringem Maße vorhanden nicht vorhanden
2.1.Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld 0 1 2 3
2.2 Örtliche Orientierung 0 1 2 3
2.3 Zeitliche Orientierung 0 1 2 3
2.4 Erinnern an wesentliche Ereignisse und Beobachtungen 0 1 2 3
2.5 Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen 0 1 2 3
2.6 Treffen von Entscheidungen im Alltag 0 1 2 3
2.7 Verstehen von Sachverhalten und Informationen 0 1 2 3
2.8 Erkennen von Risiken und Gefahren 0 1 2 3
2.9 Mitteilen von elementaren Bedürfnissen 0 1 2 3
2.10 Verstehen von Aufforderungen 0 1 2 3
2.11 Beteiligen an Gesprächen 0 1 2 3

Im Gegensatz zu den meisten anderen Modulen wird hier das Vorhandensein der abgefragten Fähigkeit eingeschätzt.

vorhanden
Die Fähigkeit ist (nahezu vollständig) vorhanden.
größtenteils vorhanden
Die Fähigkeit ist in den meisten Situationen/die meiste Zeit über vorhanden. Es bestehen Schwierigkeiten höhere oder komplexe Anforderungen zu bewältigen.
in geringem Maße vorhanden
Die Fähigkeit ist stark beeinträchtigt, aber erkennbar vorhanden. Häufig oder in vielen Situationen bestehen Schwierigkeiten. Es sind Ressourcen vorhanden, die Person kann aber nur geringe Anforderungen bewältigen.
nicht vorhanden
Die Fähigkeit ist nur sehr selten vorhanden.

Bezogen auf die einzelnen Fähigkeiten bedeutet das

2.1 Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld

Dies bezieht sich auf das Wiedererkennen von Menschen, zu denen im Alltag regelmäßig ein direkter Kontakt besteht:

  • Familienmitglieder
  • Nachbarn
  • Pflegekräfte
vorhanden
Die Fähigkeit ist (nahezu vollständig) vorhanden.
größtenteils vorhanden
Menschen werden erst nach einer längeren Zeit des Kontaktes, z.B. im Rahmen eines Gesprächs erkannt. Oder es bestehen in regelmässigen Abständen Schwierigkeiten vertraute Personen zu erkennen.
in geringem Maße vorhanden
Vertraute Personen werden nur selten erkannt oder dies ist von der Tagesform abhängig.
nicht vorhanden
Auch Familienmitglieder werden nicht oder nur ausnahmsweise erkannt.

2.2 Örtliche Orientierung

Damit ist die Fähigkeit gemeint, sich in der räumlichen Umgebung zurechtzufinden, andere Orte gezielt anzusteuern und zu wissen, wo man ist.

vorhanden
Es kann die Frage, in welcher Stadt, auf welchem Stockwerk und gegebenfalls in welcher Einrichtung die Person lebt, richtig beantwortet werden. Regelmässig genutzte Räume in der eigenen Wohnung werden erkannt. Auch die außerhäusliche Umgebung ist bekannt und die Person kann sich dort zurechtfinden.
größtenteils vorhanden
Es bestehen Probleme, sich in der außerhäuslichen Umgebung zurechtzufinden. In der Wohnung kommt die Person sehr gut zurecht. Ein Kind kann z.B. dem Gutachter sein eigenes Zimmer oder das Badezimmer zeigen.
in geringem Maße vorhanden
Es gibt Probleme, sich in der gewohnten Wohnumgebung zurechtzufinden. Regelmässig genutzte Räume und Wege werden dort nicht immer erkannt.
nicht vorhanden
 Es besteht regelmässiger Hilfebedarf beim Zurechtfinden im eigenen Wohnbereich.

 

2.3 Zeitliche Orientierung

Dieser Bereich betrifft zeitliche Strukturen:

  • Uhrzeit
  • Tageszeiten (Vormittag, Nachmittag, Abend …)
  • Jahreszeiten
  • zeitliche Abfolge des eigenen Lebens

Bei der Begutachtung wird nach der Jahreszeit, dem Tag, dem Jahr usw. gefragt.

vorhanden
Alle Fragen nach der zeitlichen Orientierung werden ohne nennenswerte Fehler richtig beantwortet. Ein Kind kann die Uhr lesen und Jahreszeiten und Monate richtig aufzählen.
größtenteils vorhanden
Eine Person ist meistens zeitlich korrekt orientiert und hat Schwierigkeiten die Tageszeit ohne Uhr und Lichtverhältnisse zu bestimmen. Ein Kind kann die Wochentage benennen und kann Uhrzeiten mit bestimmten Ereignissen verbinden, z.B. eine Fernsehsendung mit der Uhrzeit kobinieren.
in geringem Maße vorhanden
Eine zeitliche Orientierung ist meistens nur ansatzweise vorhanden und kann die Tageszeit auch mit Uhr und Lichtverhältnissen meistens nicht bestimmen. Ein Kind versteht nur einfache Zeitangaben, z.B. morgens, mittags, abends, ein paar Minuten.
nicht vorhanden
Eine zeitliche Orientierung ist kaum oder nicht vorhanden.

2.4 Gedächtnis

Der Bereich Gedächtnis betrifft die Funktion des Erinnerns an:

  • kurz zurückliegende Ereignisse (z.B. das Frühstück, die Beschäftigung am Vormittag)
  • länger zurückliegende Ereignisse (z.B. Geburtsort, Berufstätigkeit)

Bei Kindern betreffen die Fragen zu den länger zurückliegenden Ereignissen einen Zeitraum von Tagen und Wochen, aber auch den Namen und die Adresse. Bei Erwachsenen zielen die Fragen nach länger zurückliegenden Ereignissen auf einen Zeitraum der zurückliegenden Jahre.

 

vorhanden
Alle Fragen nach zurückliegenden Ereignissen werden ohne nennenswerte Fehler richtig beantwortet. Kinder nennen auch den Namen und die Adresse richtig.
größtenteils vorhanden
Bei Fragen nach kürzer zurückliegenden Ereignissen muß die Person etwas länger nachdenken, es bestehen Schwierigkeiten sich daran zu erinnern. Länger zurückliegende Ereignisse können ohne größere Probleme abgerufen werden. Ein Kind kann logisch und zeitlich richtig erzählen, was es am Tag erlebt hat, kann aber seine Adresse nicht nennen.
in geringem Maße vorhanden
Kurz zurückliegende Ereignisse werden häufig vergessen, wichtige länger zurückliegende Ereignisse sind präsent. Ein Kind kann Gegenstände finden, die vor seinen Augen versteckt worden sind, es versucht Erlebnisse zu erzählen.
nicht vorhanden
Die Person kann sich nicht oder nur selten an Ereignisse, Dinge und Menschen aus seiner Vergangenheit erinnern.

2.5 Mehrschrittige Alltagshandlungen ausführen

Der Bereich betrifft die Fähigkeit alltägliche Alltagshandlungen in der richtigen Reihenfolge ausführen und abschließen zu können. Beispielsweise wird damit erfasst, ob sich ein Erwachsener selbst komplett ankleiden könnte oder ein Kleinkind einen Turm aus zwei Bauklötzen bauen könnte.

vorhanden
Alle Schritte der Alltagshandlung werden selbstständig und in der richtigen Reihenfolge getätigt oder gesteuert, so daß das Ziel erreicht wird.
größtenteils vorhanden
Mit einer gelegentlichen Erinnerungshilfe ist die Person in der Lage die Handlung selbstständig durchzuführen.
in geringem Maße vorhanden
Einzelne, notwendige Handlungsschritte werden vergessen, oder die Reihenfolge der Schritte wird verwechselt. Es bestehen erhebliche Schwierigkeiten und hoher Anleitungsbedarf.
nicht vorhanden
Alltagshandlungen mit mehreren Schritten werden nicht begonnen oder nach ersten Versuchen beendet.

2.6 Entscheidungen im Alltagsleben treffen

Der Punkt bezieht sich auf das Treffen alltäglicher Entscheidungen:

  • Auswahl von dem Wetter angemessener Kleidung
  • Einkaufen.
  • Einer Freizeitbeschäftigung nachgehen.
  • Freunde oder Verwandte anrufen.
  • Bei Kindern: ein Nahrungsmittel zum essen auswählen, Entscheidung für die Auswahl eines Spiels treffen.
vorhanden
Auch in unbekannten Situationen wird die richtige Entscheidung getroffen, z.B. beim Ungang mit fremden Personen, die an der Türe klingeln.
größtenteils vorhanden
In unbekannten Situationen bestehen Schwierigkeiten, in zuvor besprochenen Situationen oder Alltagsroutinen können sicher Entscheidungen getroffen werden.
in geringem Maße vorhanden
Getroffene Entscheidungen sind nicht geeignet ein Ziel zu erreichen oder Bedürfnisse zu befriedigen (z.B. Kleidungswahl nicht dem Wetter angepasst, oder die Person möchte das Haus trotz fehlender räumlicher Orientierung nicht verlassen). Oder auch mit Anleitung können keine Entscheidungen getroffen werden.
nicht vorhanden
Auch mit Unterstützung können Entscheidungen nicht getroffen oder vorgeschlagene Möglichkeiten nicht ausgesucht werden.

2.7 Verstehen von Sachverhalten und Informationen

Hier geht es um die Fähigkeit, alltägliche Situationen, Ereignisse oder schriftliche und münliche Informationen aufzunehmen und richtig zu deuten. Beispiele:

  • die Fähigkeit, zu erkennen, in welcher bestimmten Situation man sich befindet
    • Aktivitäten mit anderen Menschen
    • Versorgung durch eine Pflegekraft
    • MDK-Begutachtung
  • Fahigkeit Informationen aus den Medien aufzunehmen und inhaltlich zu verstehen
    • Fernseher, Tageszeitung
  • Bei Kindern geht es um die Fähigkeit, sich in einer bestimmten Situation zurechtzufinden, zu beurteilen und zu verstehen, z.B.:
    • Spiel mit anderen Kindern
    • Spielregeln verstehen und einhalten
vorhanden
Sachverhalte und Informationen aus dem Alltag werden ohne nenneswerte Probleme verstanden. Bei Kindern entspricht das der Regelschulfähigkeit.
größtenteils vorhanden
Einfache Sachverhalte und Informationen aus dem Alltag können nachvollzogen werden, bei komplizierten gibt es Probleme. Bei Kindern orientiert man sich z.B. am Verständnis für Spielregeln.
in geringem Maße vorhanden
Das Verständnis hängt stark von der Tagesform ab oder einfache Informationen können häufig erst verstanden werden, wenn sie erklärt wurden. Bei Kindern Bei Kindern orientiert man sich auch hier z.B. am Verständnis für Spielregeln.
nicht vorhanden
Die Person kann nicht äußern (verbal oder nonverbal), dass sie Informationen verstanden hat.

2.8 Risiken und Gefahren erkennen

Bezogen auf die häusliche und außerhäusliche Umgebung sind folgende Risiken und Gefahren gemeint:

  • Strom- und Feuerquellen
  • Hindernisse auf dem Fußboden/Fußweg
  • problematische Bodenbeschaffenheit (Glätte, nasses Kopfsteinpflaster …)
  • stark befahrene Straßen, Baustellen
vorhanden
Risiken und Gefahren werden im Alltag ohne Weiteres erkannt.
größtenteils vorhanden
Risiken und Gefahren in der häuslichen Umgebung werden im Alltag ohne Weiteres erkannt. In ungewohnter Umgebung oder außerhalb der Wohnung bestehen Probleme Risiken zu erkennen.
in geringem Maße vorhanden
Risiken und Gefahren in der häuslichen Umgebung werden im Alltag häufig nicht erkannt.
nicht vorhanden
Risiken und Gefahren werden so gut wie gar nicht erkannt.

 

2.9 Mitteilung elementarer Bedürfnisse

Hier geht es um das Äußern (verbal oder nonverbal) von Bedürfnissen wie

  • Hunger, Durst
  • Schmerz
  • Frieren
  • Erschöpfung
vorhanden
Elementare Bedürfnisse können verbal oder nonverbal geäußert werden.
größtenteils vorhanden
Eine gezielte Frage nach Bedürfnissen kann beantwortet werden, die Person äußert dies aber nicht immer von sich aus. Ein Kind kann Wünsche bereits ohne Schreien deutlich machen.
in geringem Maße vorhanden
Elementare Bedürfnisse sind nur aus nonverbalen Äußerungen, wie Mimik, Gestik, Lauten, ableitbar. Gegebenfalls erst nach Stimulation. Oder die Person muß dazu ständig angeleitet werden, kann aber Zustimmung oder Ablehnung deutlich machen.
nicht vorhanden
Elementare Bedürfnisse werden nicht oder nur sehr selten geäußert, es wird keine Eigeninitiative gezeigt und es erfolgt keine deutbare Reaktion.

Wie das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen innerhalb der Pflegegrade verteilt sind haben wir in dem Beitrag Pflegegeld 2017: Pflegegrade lösen Pflegestufen ab beschrieben.

2.10 Verstehen von Aufforderungen

Hier geht es um das Verstehen alltäglicher Aufforderungen, zu alltäglichen Tätigkeiten

  • essen, trinken
  • kleiden
  • beschäftigen
vorhanden
Aufforderungen und Bitten zu alltäglichen Grundbedürfnissen werden ohne weiteres verstanden.
größtenteils vorhanden
Aufforderungen und Bitten zu alltäglichen Grundbedürfnissenwie z.B. “Setz dich bitte an den Tisch” oder “Prosit!” werden verstanden, beziehen sie sich auf nicht alltägliche Situationen, dann müssen sie erklärt werden. Gegebenfalls sind besonders deutliche Ansprache, Schrift, Gebärden oder Wiederholungen erforderlich.
in geringem Maße vorhanden
Aufforderungen und Bitten werden meist nicht verstanden, wenn sie nicht wiederholte Male geäußert und erläutert werden. Das Verständnis ist tagesformabhängig. Gegenüber nonverbalen Aufforderungen, z.B. Berührungen oder Geleiten an den Tisch zeigt die Person Zustimmung oder Ablehnung.
nicht vorhanden
Anleitung oder Aufforderung werden nicht oder kaum verstanden.

2.11 Beteiligen an einem Gespräch

Dies bezieht sich auf die Fähigkeit, in einem Gespräch die Inhalte aufzunehmen, sinngemäß zu verstehen und das Gespräch weiterzuführen.

vorhanden
Die Person kommt gut in Einzelgesprächen und in kleinen Gruppen zurecht. Sie zeigt Eigeninitiative und Interesse im Gespräch und beteiligt sich. Die Äußerungen passen zum Gesprächsinhalt.
größtenteils vorhanden
Die Person kommt gut in Einzelgesprächen gut zurecht, in kleinen Gruppen ist sie meist überfordert und verliert den Faden. Gegebenefalls treten regelmässig Wortfindungsstörungen auf. Die Person ist häufig auf besonders deutliche Ansprache oder Wiederholung angewiesen.
in geringem Maße vorhanden
Die Person kann auch in einem Einzelgespräch kaum folgen oder sich nur wenig mit einzelnen Worten beteiligen. Sie zeigt wenig Eigeninitiative, reagiert aber auf Ansprache oder Fragen nur mit wenigen Worten, z.B. ja oder nein. Die PErson weicht inj der Regel vom Gesprächsinhalt ab oder es besteht leichte Ablenkbarkeit durch Umgebungseinflüsse.
nicht vorhanden
Ein Gespräch, das über einfache Mitteilungen hinausgeht, ist auch nonverbal kaum oder nicht möglich.

 

 

 

Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

Bei diesem Modul fällt auf, dass hier sehr schwere psychische Auffälligkeiten eine Gewichtung in der Pflegebedürftigkeit finden, wie sie bei Demenzerkrankungen oder psychischen Störungen auftreten können.

Das zweite und dritte Modul werden zusammen gewertet und beide tragen mit maximal 15 % zur Begutachtung des Pflegegrades bei.

 

 

 

->Hier klicken um mehr/weniger zu lesen

 

Die einzelnen Verhaltensweisen werden in der Begutachtung nach der Häufigkeit in vier Stufen abgefragt: ob sie nie, selten, häufig oder täglich auftreten.

  • nie
  • selten, d.  h. maximal zweimal wöchentlich
  • häufig, d.  h. zweimal oder mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich
  • täglich

Die Bewertung der Verhaltensweisen schlägt sich mit der Verteilung der Punkte wie in der Tabelle unten aufgezeigt nieder. Relevant für die Punktevergabe ist, wie häufig die Verhaltensweisen auftreten und damit ein Hilfebedarf durch eine Person notwendig ist.

3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen tritt niemals auf selten, d.  h. maximal zweimal wöchentlich häufig, d.  h. zweimal oder mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich täglich
3.1 Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten 0 1 3 5
3.2 Nächtliche Unruhe 0 1 3 5
3.3 Selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten 0 1 3 5
3.4 Beschädigung von Gegenständen 0 1 3 5
3.5 Physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen 0 1 3 5
3.6 Verbale Aggression 0 1 2 3
3.7 Andere vokale Auffälligkeiten 0 1 3 5
3.8 Abwehr pflegerischer oder anderer unterstützender Maßnahmen 0 1 3 5
3.9 Wahnvorstellungen, Sinnestäuschungen 0 1 3 5
3.10 Ängste 0 1 3 5
3.11 Antriebslosigkeit, depressive Stimmungslage 0 1 3 5
3.12 Sozial inadäquate Verhaltensweisen 0 1 3 5
3.13 Sonstige inadäquate Verhaltensweisen 0 1 3 5

3.1 Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten

Hier wird die Häufigkeit verschiedener motorischer Verhaltensweisen zusammengefasst. Insbesondere wären das:

  • (scheinbar) ziellose Umhergehen in der Wohnung oder der Einrichtung
  • bei Kindern das selbstgefährdende Klettern auf Möbelstücke
  • der Versuch desorientierter Personen ohne Begleitung die Wohnung/Einrichtung zu verlassen oder Orte aufzusuchen, die für diese Person unzugänglich sein sollten (z.  B. Treppenhaus, Zimmer anderer Bewohner etc.).
  • allgemeine Rastlosigkeit in Form von ständigem Aufstehen und Hinsetzen oder Hin- und Herrutschen auf dem Sitzplatz oder im und aus dem Bett.

Für die Einschätzung ist es ohne Bedeutung, ob sich die betreffende Person ggf. nur mit Hilfsmitteln fortbewegen kann. Das Fahren mit einem Rollstuhl ist insofern mit dem Gehen gleichzusetzen.

3.2 Nächtliche Unruhe

Mit nächtlicher Unruhe sind nächtliches Umherirren oder nächtliche Unruhephasen bis hin zur Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus gemeint. Das bedeutet im Extremfall Wachsein in der Nacht und Schlafen während des Tages. Schlafstörungen wie Einschlafschwierigkeiten am Abend oder Wachphasen während der Nacht sind nicht damit gemeint.

Bei Kindern sind Einschlafrituale oder das bis ins Schulalter vorkommendes nächtliche Aufwachen nicht zu berücksichtigen, wenn nur kurzes Beruhigen und/oder Gabe von Getränken erforderlich ist.

3.3 Selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten

Insbesondere sind damit folgende Verhaltensweisen gemeint:

  • Selbstverletzung durch Gegenstände
  • sich absichtlich auf den Boden fallen lassen
  • essen oder trinken ungenießbarer Substanzen
  • sich selbst schlagen
  • sich selbst mit den Fingernägeln oder Zähnen verletzen.

3.4 Beschädigung von Gegenständen

Dieser Punkt betrifft aggressive, auf Gegenstände gerichtete Handlungen:

  • Gegenstände wegstoßen oder wegschieben
  • gegen Gegenstände schlagen
  • das Zerstören von Dingen (z.  B. Zerreißen)
  • das Treten nach Gegenständen.

3.5 Physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen

Aggressive Handlungen gegen Personen wären:

  • nach Personen schlagen oder treten
  • andere mit Zähnen oder Fingernägeln verletzen
  • andere stoßen oder wegdrängen
  • Verletzungsversuche gegenüber anderen Personen mit Gegenständen.

3.6 Verbale Aggression

Das entspricht verbalen Beschimpfungen oder der Bedrohung anderer Personen.

3.7 Andere vokale Auffälligkeiten

Der Punkt betrifft auffällige verbale Verhaltensweisen:

  • Lautes Rufen, Schreien, Klagen ohne nachvollziehbaren Grund
  • vor sich hin schimpfen/fluchen, seltsame Laute von sich geben
  • ständiges Wiederholen von Sätzen/Fragen.
  • Dazu gehört bei Säuglingen und Kleinkindern z.  B. anhaltendes Schreien oder cerebrales Schreien.

3.8 Abwehr pflegerischer oder anderer unterstützender Maßnahmen

  • Abwehr von Unterstützung (z.  B. bei der Körperpflege)
  • Verweigerung der Nahrungsaufnahme, Medikamenteneinnahme oder anderer notwendiger Verrichtungen
  • Manipulation an Vorrichtungen wie z.  B. Katheter, Infusion, Sondenernährung etc.

3.9 Wahnvorstellungen, Sinnestäuschungen

  • Visuelle, akustische oder andere Halluzinationen
  • Vorstellung, mit Verstorbenen oder imaginären Personen (z.  B. Gestalten aus biblischen Geschichten) in Kontakt zu stehen
  • Vorstellung, verfolgt/bedroht/bestohlen zu werden, usw.

3.10 Ängste

  • Äußerung von starken Ängsten oder Sorgen
  • Erleben von Angstattacken
  • erhöhte Ängstlichkeit bei der Durchführung von Pflegemaßnahmen oder im Kontakt mit anderen Personen.

3.11 Antriebslosigkeit, depressive Stimmungslage

  • Die Person scheint kaum Interesse an der Umgebung aufzubringen
  • Sie/Er bringt kaum Eigeninitiative für Aktivitäten oder Kommunikation auf und benötigt Aufforderungen, um etwas zu tun
  • Sie/Er wirkt traurig und/oder apathisch, möchte am liebsten das Bett nicht verlassen.

3.12 Sozial inadäquate Verhaltensweisen

Damit sind nicht angemessene Verhaltensweisen gegenüber anderen Personen gemeint, wie

  • Distanzloses Verhalten
  • auffälliges Einfordern von Aufmerksamkeit
  • sich zu unpassenden Gelegenheiten auskleiden
  • unangemessenes Greifen nach Personen
  • unangemessene körperliche oder verbale sexuelle Annäherungsversuche.

3.13 Sonstige inadäquate Handlungen

  •  Nesteln an der Kleidung
  • ständiges Wiederholen der gleichen Handlung (Stereotypien)
  • planlose Aktivitäten
  • Verstecken oder Horten von Gegenständen
  • Kotschmieren, Urinieren in die Wohnung.

 

 

 

pflegegrad_widerspruch_300x250
Anzeige

Modul 4: Selbstversorgung

Die Inhalte dieses Moduls erinnern an die Verrichtungen, die bei den früheren Pflegestufen unter “Grundpflege” und “Ernährung” fielen.

Dem vierten Modul „Selbstversorgung” kommt bei der Berechnung mit bis zu 40 % eine entscheidene Rolle in der Feststellung des Pflegegrads zu.

 

 

 

->Hier klicken um mehr/weniger zu lesen

 

Insgesamt werden 12 Handlungen abgefragt, denen für die Selbstversorgung eine entscheidende Bedeutung zukommt.

Entsprechend dem Grad der Selbstständigkeit, das entspricht dem Ausmaß der Unabhängigkeit von personeller Hilfe,  werden für 9 der 12 Handlungen Punkte von 0 bis 3 vergeben. Die drei Handlungen Essen, Trinken und Benutzen der Toilette werden besonders gewichtet, denn sie werden mit höheren Punktzahlen bewertet.

Selbstversorgung: Punkte abhängig vom Grad der Selbstständigkeit
4. selbstversorgung selbstständig überwiegend selbstständig überwiegend unselbstständig  unselbstständig
4.1.Waschen des vorderen Oberkörpers
0 1 2 3
4.2 Körperpflege im Bereich des Kopfes
0 1 2 3
4.3 Waschen des Intimbereichs
0 1 2 3
4.4 Duschen und Baden einschließlich der Haare
0 1 2 3
4.5 An- und Auskleiden des Oberkörpers
0 1 2 3
4.6 An- und Auskleiden des Unterkörpers
0 1 2 3
4.7 Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken
0 1 2 3
4.8 Essen 0 3 6 9
4.9 Trinken 0 2 4 6
4.10 Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls
0 2 4 6
4.11 Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma
0 1 2 3
4.12 Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma
0 1 2 3

Begutachtungsrichtlinien
Die genaue Beschreibung dieser zwölf einzelnen Verrichtungen im Modul Selbstversorgung ist seit Juli 2016 öffentlich in den offiziellen Begutachtungsrichtlinien beschrieben. Daher führen wir sie hier nicht mehr ausführlich auf. Ihr findet Sie hier auf der Seite des Medizinischen Dienstes, ab Seite 47 bzw. 124.

 

 

 

Modul 5: Bewältigung medizinisch-pflegerischer Maßnahmen

Nachfolgend wird das fünfte Modul “Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits oder therapiebedingten Anforderungen oder Belastungen” beschrieben. Die Inhalte dieses Moduls sind schwerpunktgemäß medizinischer Natur.

Das fünfte Modul „Bewältigung“ fließt mit einem Anteil von maximal 20%  in die Einstufung in die Pflegegrade ein.

 

 

 

->Hier klicken um mehr/weniger zu lesen

 

Insgesamt werden 18 zumeist medizinische Handlungen abgefragt, denen für die Bewältigung der Pflegesituation oder im pflegerischen Umgang mit einer Erkrankung eine entscheidende Bedeutung zukommt.

Es wird per Fragebogen erfasst, wie häufig die einzelnen pflegerischen Maßnahmen erfolgen und ob sie selbstständig erledigt werden oder nicht. Sie fließen dann in die Bewertung der Pflegebedürftigkeit mit ein, wenn dabei Hilfe von einer Pflegeperson erforderlich ist. Unabhängig davon, ob die Krankenkasse die medizinischen Maßnahmen bereits übernimmt fließen diese mit in den Pflegegrad ein.

5.1 Medikation

Erfasst wird, ob und wie häufig Medikamente von anderen Personen gegeben oder vorbereitet werden müssen. Das Spektrum reicht von einmal wöchentlich im Dispenser richten bis zur mehrmaligen täglichen Gabe und betrifft

  • Tabletten
  • Augen- oder Ohrentropfen
  • Zäpfchen
  • Medikamentenpflaster.

5.2 Injektionen

Dies betrifft Injektionen, die vorrangig subkutan gegeben werden müssen (z.B. Insulin oder Heparin). Auch Medikamentenpumpen über subkutane Zugänge werden berücksichtigt.

5.3 Versorgung intravenöser Zugänge

In der Regel werden diese Zugänge durch Fachpflegekräfte versorgt. Auch die Kontrolle der Zugänge sowie intrathekale Zugänge sind zu berücksichtigen.

5.4 Absaugen oder Sauerstoffgaben

Absaugen betrifft beatmete oder tracheostomierte Patienten. Anzugeben ist die durchschnittliche Häufigkeit. Ebenso ist das An- und Ablegen von Sauerstoffbrillen oder Atemmasken und das Einstellen der Geräte zu berücksichtigen.

5.5 Einreibungen, Kälte- und Wärmeanwendungen

Das betrifft ärztliche verordnete Salben, Cremes sowie ärztliche verordnete Kälte- bzw. Wärmeanwendungen z.B. bei rheumatischen Eerkrankungen.

5.6 Messung und Deutung von Körperzuständen

Auch hier zählen nur ärztlich verordnete Maßnahmen, wie z.B. Messung von

  • Bludruck
  • Puls
  • Blutzucker
  • Temperatur
  • Körpergewicht
  • Flüssigkeitshaushalt

Muss anhand der Meßwerte ein Arzt aufgesucht oder beispielsweise eine Insulindosis bestimmt werden, muß dies mit erfasst werden.

5.7 Umgang mit körpernahen Hilfsmitteln

Das betrifft das An- und Ablegen von Prothesen, Orthesen, Brille, Hörgerät, orthopädischen Schuhen und Kompressionsstrümpfen.

5.8 Verbandswechsel und Wundversorgung

Das betrifft die Versorgung von Wunden, insbesondere bei Dekubitus.

5.9 Wundversorgung bei Stoma

Das betrifft die Reinigung der Stomata nach ärztlicher Verordnung und die notwendige Versorgung mit Verbänden:

  • Tracheostoma
  • PEG
  • suprapubischer Blasenkatheter
  • Urostoma
  • Kolo- oder Ileostoma

5.10 Regelmässige Einmalkatheterisierung/Nutzung von Abführmethoden

Diese Form der regelmässigen Katheterisierung betrifft vor allem neurogene Blasenstörungen. Abführmethoden bei Verstopfung wären Klistier, Einlauf oder digitale Ausräumung.

5.11 Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung

Wer Physiotherapie, Logopädie oder Ergotherpie erhält, sollte Zuhause regelmässig seine Übungen wiederholen. Die erforderliche Häufigkeit der häuslichen Übungen wird hier erfasst.

5.12 Zeitlich ausgedehnte  technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung

Das betrifft Therapiemaßnahmen wie Dialyse oder Beatmung, die Zuhause durchgeführt werden können, wenn eine geschulte Fachkraft diese überwacht.

5.13 Arztbesuche

Hier wird die durchschnittliche Häufigkeit der notwendigen Hilfe bei Arztbesuchen erfasst.

5.14 Besuch anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen

Ist der Zeitaufwand für Besuche bei Therapeuten, Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen des Gesundheitssystems zur ambulanten Behandlung größer als drei Stunden, so ist dieser hier zu erfassen. Zu dem Begriff Therapeut werden hier Physiotherapie, Ergotherapie, Logopäden und Psychotherapeuten genannt.

5.15 Zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen

Sind spezialisierte Einrichtungen aufzusuchen und der Zeitaufwand für einen Besuch inklusive Fahrtzeiten über drei Stunden liegt, sind diese hier zu erfassen. Liegen die Zeiten unter drei Stunden, werden sie bei den Arztbesuchen in Punkt 5.13 erfasst.

5.K Besuch einer Einrichtung zur Durchführung von Frühförderung bei Kindern

Erfasst wird die durchschnittliche Häufigkeit der Besuche.

5.16 Einhaltung einer Diät oder anderer Verhaltensweisen

Ist eine Diät erforderlich, dann wird hier erfasst, ob die Diät selbstständig, überwiegend selbsständig, überwiegend unselbstständig oder unselbstständig durchgeführt wird.

5.17 Veränderungen bezüglich der Punkte 5.1 bis 5.16 in den letzten drei Monaten

Dieser Punkt dient einer Prognose, es wird erfasst ob

  • sich der Umgang mit den oben beschriebenen Punkten 5.1 bis 5.16 verbessert/verschlechtert hat
  • die Anforderungen und Belastungen zugenommen haben
  • keine Veränderung eingetreten ist
  • dies nicht zu beurteilen ist.

5.18 Bestehen realistische Möglichkeiten der Verbesserung der Fähigkeit, krankheits- und therapiebedingte Anforderungen zu bwältigen?

Als Möglichkeiten kommen hier in Frage:

  • Information und Beratung zur Erkrankung
  • edukative Maßnahmen, z.B. zur Medikamenteneinnahme oder Diäteinhaltung
  • Anleitung und Vermittlung von Kenntnissen zu Hilfsmitteln und mediznischen Geräten

 

 

 

Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Das sechste Modul befasst sich mit der Einschätzung inwieweit eine selbstständige Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte möglich ist. Damit wird der Hilfebedarf bei der Planung des alltäglichen Tagesablaufs, aber auch die Ausübung von Hobbys und die Pflege von sozialen Kontakten in der Pflegebegutachtung erfragt. Dies ist ein ganz neuer Gesichtspunkt bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem Neuen Begutachtungsaccessment (NBA).

Das sechste Modul „Alltagsleben und Gestaltung sozialer Kontakte“ fließt mit einem Anteil von maximal 15 % in die Berechnung und damit die Einstufung in die Pflegegrade ein.

 

 

 

->Hier klicken um mehr/weniger zu lesen

 

Zu bewerten ist, ob die betroffene Person die jeweilige Aktivität selbstständig durchführen kann. Entsprechend dem Grad der Selbstständigkeit werden für die einzelnen Handlungen Punkte von 0 bis 3 vergeben. Der Zeitaufwand für die einzelnen Handlungen bleibt unberücksichtigt, dagegen wird das Ausmaß an Selbstständigkeit bzw. an notwendiger personeller Hilfe erfragt.

Punkte abhängig vom Grad der Selbstständigkeit

6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte vorhanden größtenteils vorhanden in geringem Maße vorhanden nicht vorhanden
6.1.Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen
0 1 2 3
6.2 Ruhen und Schlafen
0 1 2 3
6.3 Sich beschäftigen
0 1 2 3
6.4 In die Zukunft gerichtete Planungen vornehmen
0 1 2 3
6.5 Interaktion mit Personen im direkten Kontakt
0 1 2 3
6.6 Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds
0 1 2 3

6.1 Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen

Dieser Punkt betrifft die planerischen Fähigkeiten, die zur Gestaltung des Tagesablaufs notwendig sind. Ebenso sollte auf eine gewisse Flexibilität eingegangen werden, wenn der Tagesplan nicht aufgeht. Beispiele für eine Planung von Aktivitäten des Alltags betreffen z.B., den Zeitpunkt, wann gebadet, gegessen, ferngesehen oder spazierengegangen wird. Der Gutachter könnte für seine Einschätzung beispielsweise den bisherigen oder künftigen Tagesablauf erfragen.

selbstständig
Die Person kann die Aktivität ohne personelle Hilfe planen und nach der Planung umsetzen.
überwiegend selbstständig
Routinierte Abläufe können weitgehend selbstständig gestaltet werden. Bei Änderungen ist Unterstützung notwendig. Zu einzelnen Terminen werden Erinnerungshilfen gegeben. Auch Einschränkungen in der Kommunikationsfähigkeit oder den Sinneswahrnehmungen, die einen Hilfebedarf für die Abstimmung des Tagesablaufs mit anderen Menschen führen zu einer Einschätzung in “überwiegend selbstständig”.
überwiegend unselbstständig
Die Person benötigt Hilfe bei der Planung von Routine-Tagesabläufen. Sie ist aber in der Lage Zustimmung oder Ablehnung dazu zu signailisieren. Eigene Planungen werden häufig vergessen, so dass über den ganzen Tag hinweig Erinnerungen bzw. Aufforderungen notwendig sind. Auch Personen, die zwar selbst planen und entscheiden können, aber Hilfe zur gesamten Umsetzung benötigen, werden als “überwiegend unselbstständig” eingeschätzt.
unselbstständig
Die Person kann nur minimal oder nicht an der Tagesstruktur mitwirken oder sich an vorgegebenen Strukturen minimal oder nicht orientieren.

 

6.2 Ruhen und Schlafen

Neben dem Tag-Nacht-Rhythmus betrifft das auch ausreichende Ruhe- und Schlafphasen. Hierzu gehört die Fähigkeit, notwendige Ruhepausen zu erkennen und einzuhalten und mit Phasen der Schlaflosogkeit umzugehen. Ebenso gehören hierzu körperliche Fähigkeiten, um in das Bett zu kommen und die Ruhephasen besonders nachts einhalten zu können.

selbstständig
Die Person kann die Ruhe- und Schlafphasen wie oben beschrieben ohne personelle Hilfe umsetzen.
überwiegend selbstständig
Beim Aufstehen oder Zu-Bett-Gehen wird Hilfe benötigt. Das können Transferhilfen, Abdunkeln oder auch zeitliche Orientierungshilfen beim Wecken oder Aufforderungen zum Schlafen-Gehen betreffen. Nur gelegentlich ist nachts Hilfe notwendig.
überwiegend unselbstständig
Es treten Einschlafprobleme oder nächtliche Unruhe auf. Regelmässige Einschlafrituale und nächtliche beruhigende Ansprache sind notwendig. Auch wenn wegen körperlicher Beeinträchtigungen nachts Hilfe für Lagewechsel oder Toilettengänge notwendig ist, trifft die Einschätzung als “überwiegend unselbstständig” zu.
unselbstständig
Der Schlaf-Wachrhytmus ist gestört bei

  • gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen (Demenz)
  • oder Wachkoma-Patienten
  • oder bei regelmässig mindestens dreimal notwendigem Hilfebedarf in der Nacht.

6.3 Sich beschäftigen

Das betrifft die Fähigkeit eigene Vorlieben und Interessen zu verfolgen. Bei der Begutachtung wird hier gefragt, wie nach den individuellen Sinnes-Fähigkeiten geeignete Aktivitäten und Freizeitbeschäftigungen, wie z.B. basteln, fernsehen, lesen oder Computernutzung ausgewählt und umgesetzt werden.

selbstständig
Die Person kann die Aktivität ohne personelle Hilfe durchführen.
überwiegend selbstständig
Hilfe ist nur in geringem Umfang nötig, z.B.:

  • Fernbedienung oder Bastelmaterial muss zurechtgelegt werden
  • Erinnerung, Motivation oder Hilfe bei der Entscheidungsfindung ist erforderlich.
überwiegend unselbstständig
Eine Beteiligung an Beschäftigungen ist möglich, aber nur mit kontinuierlicher Hilfe (Anleitung, Begleitung oder praktische Unterstützung).
unselbstständig
Die Person kann nur minimal oder nicht an angebotenen Beschäftigungen mitwirken. Sie zeigt keine Eigeninitiative, kann Anleitungen und Aufforderungen nicht kognitiv umsetzen.

 

6.4 Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen

Unter diesem Punkt wird erfragt, inwieweit längere Zeitabschnitte über den Tag hinaus vorausschauend geplant werden können, wie z.B.:

  • Geburtstag
  • Jahresfeste
  • regelmäßige Termine

Weiterhin wird berücksichtigt, ob die körperlichen und psychischen Voraussetzungen vorliegen, um eigene Zukunftsplanungen mit anderen Menschen kommunizieren zu können.

selbstständig
Die Person kann die Aktivität ohne personelle Hilfe durchführen.
überwiegend selbstständig Die Person nimmt sich etwas vor und benötigt aber eine Erinnerung, um dies durchzuführen. Oder es ist aufgrund körperlicher Behinderungen regelmäßig Hilfe in der Kommunikation notwendig, um sich verabreden zu können.
überwiegend unselbstständig
Die Person plant von sich aus nicht, entscheidet aber mit Hilfe anderer Personen. Sie benötigt Erinnerungen an die Umsetzung eigener Entscheidungen oder benötigt emotionale oder körperliche Unterstützung. Auch Menschen, die zwar kognitiv selbstständig planen und entscheiden können, aber aufgrund starker körperlicher Einschränkungen Hilfe benötigen sind hier als “überwiegend unselbstständig” einzuordnen.
unselbstständig
Die Person ist nicht in der Lage über den Tag hinaus zu planen. Auch bei Vorschlägen oder wenn mehrere Möglichkeiten zur Auswahl gegeben werden, wird weder Zustimmung noch Ablehnung signalisiert.

 

6.5 Interaktionen mit Menschen (Personen) im direkten Kontakt

Hier geht es um die Fähigkeiten, wie die befragte Person im direkten Kontakt mit Angehörigen, Pflegepersonen, Mitbewohnern oder Besuchern umgeht.

selbstständig
Die Person kann die Aktivität ohne personelle Hilfe durchführen.
überwiegend selbstständig Der Umgang mit bekannten Personen geschieht selbstständig, zur Kontaktaufnahme mit Fremden ist Unterstützung notwendig, zB.

  • Anregung mit jemandem Kontakt aufzunehmen oder
  • punktuelle Unterstützung bei Überwindung von Sprech-, Sprach oder Hörproblemen
überwiegend unselbstständig
Es wird kaum Initiative von sich aus ergriffen. Es ist Unterstützung durch Ansprache und Motivation notwendig. Die Kommunikationsfähigkeit ist verbal oder mittels Blickkontakt, Mimik, Gestik erhalten.Als “überwiegend unselbstständig” gilt auch jemand, der auf weitgehende Hilfestellungen bei der Überwindung von Sprech-, Sprach oder Hörproblemen angewiesen ist.
unselbstständig
Die Person reagiert nicht auf Ansprache und auch nonverbale Kontaktversuche führen zu keiner nennenswerten Reaktion.

 

6.6 Kontaktpflege zu Menschen (Personen) außerhalb des direkten Umfelds

Hier geht es darum, wie bestehende Kontakte zu Freunden, Bekannten, Nachbarn aufrechterhalten werden, beendet oder zeitweise abgelehnt werden.

Dazu gehört auch die Fähigkeit mit technischen Kommunikationsmitteln, wie dem Telefon umzugehen, um z.B. Besuche zu verabreden, aber auch Brief- oder E-Mail-Kontakte.

selbstständig
Die Person kann die Aktivität ohne personelle Hilfe durchführen.
überwiegend selbstständig Die Person kann planen, benötigt aber Hilfe z.B.

  • Erinnerungszettel bereitlegen
  • Telefonnummern mit Namen oder Bild versehen
  • Erinnern und Nachfragen, ob der Kontakt hergestellt wurde
  • Erinnern an Terminabsprachen
  • das Telefonieren geschieht selbstständig, aber das Wählen der Nummer geschieht durch die Pflegeperson
  • die Pflegeperson wird beauftragt ein Treffen oder einen Termin zu vereinbaren
überwiegend unselbstständig
Die Kontaktgestaltung geschieht einseitig. Die Person sucht kaum Kontakt, wirkt aber mit, wenn jemand anderes die Initiative ergreift.Als “überwiegend unselbstständig” gilt auch jemand, der auf aufgrund körperlicher Einschränkungen während der Kontaktaufnahme Hilfestellungen bei der Überwindung von Sprech-, Sprach oder Hörproblemen benötigt. Oder, wenn Hilfe bei der Nutzung von Kommunikationshilfen nötig ist, beispielsweise das Telefon gehalten werden muß
unselbstständig
Die Person reagiert nicht auf Anregungen zur Kontaktaufnahme und nimmt selbst keinen Kontakt außerhalb des direkten Umfeldes auf.

 

 

 

Kostenloser Pflegegradrechner

Die Berechnung der Gesamtpunkte ist kompliziert. Zunächst werden die einzelnen Punkte der Module addiert. Dann werden die addierten Punkte aber nach einem Punkteschlüssel gemäß der maximalen Prozentzahlen der einzelnen Module gewichtet. Das Ergebnis kann dann direkt dem entsprechenden Pflegegrad zugeordnet werden.

Einfacher geht das mit einem Pflegegradrechner. Bei der Recherche nach einem Pflegegradrechner bin ich auf verschiedene Angebote im Internet gestoßen.  Diese Programme ermöglichen es ,sich bei den Fragen der einzelnen Module selbst einzuschätzen und liefern dann den zu erwartenden Pflegegrad.

 

Quelle für die Inhalte der oben beschrieben Module:

Das neue Begutachtungsinstrument zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit, GKV-Schriftenreihe

Über Jochen Radau

Studium der Sozialpädagogik in Würzburg und Studium der Medizintechnik in Ulm, seit 20 Jahren psychosozialer Berater bei der DMSG im Landesverband Bayern, dort auch Onlineberater. Betreiber und Redakteur dieses und weiterer Blogs zu den Themen Schwerbehinderung und Pflegeversicherung. Weiterqualifikationen in systemischer Beratung und vielen Themen des Sozialrechts.